Mit einem 100-Milliarden-Euro-Programm und neuer Führung will Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) die Deutsche Bahn aus ihrer Dauerkrise führen. Evelyn Palla soll als neue Bahnchefin die Nachfolge des im August abberufenen Richard Lutz antreten - eine Bestätigung durch den Aufsichtsrat steht jedoch noch aus.
«Nichts wird schnell gehen. Das ist kein Sprint. Die Sanierung der Eisenbahn-Infrastruktur ist ein Marathon», warnt die designierte Bahnchefin vor zu hohen Erwartungen. Nach Angaben von Merkur wäre Palla die erste weibliche Konzernchefin in 190 Jahren deutscher Bahngeschichte.
Die 1973 in Bozen geborene Südtirolerin arbeitet seit 2019 bei der Deutschen Bahn. Zunächst als Finanzvorständin bei DB Fernverkehr, seit 2022 verantwortet sie den Regionalverkehr mit rund 780.000 Fahrten monatlich. DB Regio schrieb unter ihrer Führung im ersten Halbjahr 2025 wieder schwarze Zahlen.
Realistische Pünktlichkeitsziele statt Wunschdenken
Die bisherigen Pünktlichkeitsziele kritisierte Schnieder als «jenseits aller Realität». Statt der angestrebten 75 Prozent bis 2027 sollen nun bis Ende 2029 mindestens 70 Prozent der Fernzüge ohne größere Verzögerungen unterwegs sein.
Mittelfristig peilt das Ministerium 80 Prozent Pünktlichkeit an, langfristig 90 Prozent. Im ersten Halbjahr war mehr als ein Drittel der Fernzüge unpünktlich. Laut Merkur gab es im Juli an drei aufeinanderfolgenden Tagen weniger als 40 Prozent Pünktlichkeit im Fernverkehr - ein historisches Tief.
Milliardenschwere Infrastruktur-Offensive
Bis 2029 sollen insgesamt 100 Milliarden Euro in die marode Infrastruktur fließen. Schnieder spricht von einem «Sanierungsjahrzehnt». Konkret sollen bis 2035 1.000 der rund 5.700 Bahnhöfe in Deutschland modernisiert werden.
«Heute drücken wir auf Neustart», sagte Schnieder zur neuen Bahn-Strategie. Ein «Weiter-so bei der Bahn ist keine Option». Für viele Menschen sei ein Nichtfunktionieren der Bahn gleichbedeutend mit einem Nichtfunktionieren des Staates.
Sofortprogramm für besseres Reiseerlebnis
Ab dem ersten Quartal 2026 soll ein Sofortprogramm greifen. Sicherheit und Sauberkeit an Bahnhöfen werden durch einen Mix aus Personal und Videoüberwachung verbessert. Die Fahrgast-App DB Navigator soll Veränderungen im Reiseverlauf sofort weiterleiten, sobald die Informationen intern vorliegen.
Im Fernverkehr sollen bereits 2026 spürbare Verbesserungen bei Sauberkeit und Bordbistro-Angebot erreicht werden. Die Bahn müsse «schneller, schlanker und wirtschaftlicher» werden, fordert der Verkehrsminister.
Schlankerer Vorstand und mehr Erfolgsdruck
Der Konzernvorstand wird von bislang acht auf sechs Posten reduziert. Das Ressort Infrastruktur soll wegfallen, um die Netztochter DB InfraGo stärker vom Mutterkonzern zu entflechten. Die Boni der Vorstandsmitglieder sollen künftig stärker an Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit geknüpft werden.
Die Deutsche Bahn soll sich von Tochtergesellschaften trennen und sich auf ihr Kerngeschäft, den Eisenbahnverkehr in Deutschland, konzentrieren. 2020 hatte der Konzern noch 521 Tochtergesellschaften im In- und Ausland.
Personalwechsel sorgt für Gewerkschaftswiderstand
Bei der für die Infrastruktursanierung zuständigen DB InfraGo soll Dirk Rompf den bisherigen Chef Philipp Nagl ersetzen. Rompf war zuvor jahrelang Vorstand der DB Netz AG, dem Vorgänger-Unternehmen der InfraGo. Unter seiner Leitung verfiel die Infrastruktur allerdings zunehmend, weil zu wenig in den Erhalt investiert wurde.
Die Eisenbahngewerkschaft EWG kündigte Widerstand gegen Rompf an. Laut Welt herrscht rechtliche Unsicherheit darüber, ob eine Zweidrittelmehrheit oder eine einfache Mehrheit im Aufsichtsrat für die Ernennungen erforderlich ist. Nach Angaben von Bild bietet die sonst streikerprobte GDL-Gewerkschaft hingegen konstruktive Zusammenarbeit an.
An dem Konzept der Generalsanierung hält das Ministerium fest. Bis 2036 sollen mehr als 40 besonders wichtige Strecken grundlegend modernisiert werden, um die Zahl der Baustellen zu reduzieren und den Zugverkehr zuverlässiger zu machen.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.