Florian Lipowitz konnte auch die verschärfte Schlussetappe der Tour de France nichts mehr anhaben. Der erfolgshungrige deutsche Radstar preschte flankiert von Zehntausenden feierwütigen Fans das Viertel Montmartre hinauf und meisterte im verregneten Paris die letzte kleine Hürde vor seinem sensationellen dritten Gesamtrang.
Gleich bei seiner ersten Frankreich-Rundfahrt hat der 24-Jährige seinen bislang größten Erfolg gefeiert und die Tour auf Platz drei hinter Titelverteidiger Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard aus Dänemark vollendet. Der frühere Biathlet und Quereinsteiger erklomm in Reichweite des Triumphbogens als erster Deutscher seit dem zweimaligen Tour-Zweiten Andreas Klöden vor 19 Jahren das Podium der weltweit größten Rundfahrt.
Pogacar dominiert zum vierten Mal
Für den slowenischen Star Pogacar, der auch zum Abschluss noch einmal eine spektakuläre Show lieferte, war es bereits der vierte Triumph beim wichtigsten Etappenrennen der Welt. Pogacar gewann mit einem Abstand von knapp viereinhalb Minuten vor dem dänischen zweimaligen Tour-Champion Vingegaard.
Seit 2020 machen die beiden Superstars die Tour-Siege unter sich aus. In der Gesamtwertung hielt Lipowitz den viertplatzierten Briten Oscar Onley auf Abstand, der Zweite Vingegaard war fast sieben Minuten entfernt.
Weißes Trikot für deutschen Star
Mit dem Weißen Trikot überquerte der Schwabe die Ziellinie auf den Champs-Élysées und beendete das Rennen als bester Nachwuchsfahrer. Das hatte für Deutschland zuletzt Jan Ullrich vor 27 Jahren geschafft.
Der Erfolg von Lipowitz hatte sich während der Tour abgezeichnet. Nur noch ein Sturz oder eine Erkrankung hätte ihm den riesigen Triumph streitig machen können. In den Alpen hatte er trotz eines Einbruchs seinen dritten Rang erfolgreich verteidigt.
Experten loben deutschen Durchbruch
«Hat er bravourös gemacht», sagte Ex-Profi und Experte Fabian Wegmann der Deutschen Presse-Agentur. «Ganz groß gefahren», schob er hinterher. Lipowitz sei in der Weltspitze angekommen.
Dabei mischt der einstige Wintersportler erst seit fünf Jahren auf dem Rad mit. Lipowitz meldete sich damals selbst bei Red-Bull-Teamchef Ralph Denk und fragte, was er machen müsse, um Radprofi zu werden.
Spektakuläre Entstehungsgeschichte
Bei einem Mittagessen lernten sie sich kennen, wie Denk schon mehrmals erzählte. Im Januar legte Lipowitz dafür 100 Kilometer mit dem Rad zurück, um zu der Verabredung zu gelangen. Und hinterher ging es wieder zurück auf zwei Rädern.
Denk beeindruckte der Wille des jungen Mannes - der Funktionär bezeichnet die Entwicklung des Schwaben als «Herzensprojekt». In den Jahren danach folgte ein rasanter Aufstieg: Siebter bei der spanischen Vuelta im vergangenen Jahr, Zweiter bei Paris-Nizza, Dritter bei der Dauphiné-Rundfahrt hinter den Superstars Pogacar und Vingegaard.
Verschärfter Abschluss in Paris
Den dritten Gesamtrang beim wichtigsten Radrennen der Welt hätte wohl vor der Tour kaum einer für möglich gehalten. Zum Anlass der ersten Zielankunft auf den Champs-Élysées bauten die Planer nach dem Vorbild der Olympischen Spiele im vergangenen Jahr die dreimalige Überquerung des steilen Viertels Montmartre ein.
Das verhinderte auch den zur Tradition gewordenen Massensprint der sprintstarken Profis. Stattdessen erinnerte das Finale mit diversen Attacken an einen Frühjahrsklassiker.
Pogacar prophezeit große Zukunft
Etwa 50 Kilometer vor dem Ziel waren die Zeiten der Gesamtführenden schon genommen worden, sodass alles Weitere vor allem der Show und dem Kampf um den Tagessieg diente. Pogacar selbst schonte sich nicht und lieferte sich leidenschaftliche Attacken vor den frenetischen Paris Zuschauern.
Am Sonntag feierte der belgische Allrounder Wout van Aert den Tagessieg. Der italienische Sprinter Jonathan Milan jubelte - auch ohne Chance auf einen Tagessieg - im Grünen Trikot des punktbesten Fahrers. Pogacar schnappte sich auch das gepunktete Bergtrikot, das Jonas Vingegaard stellvertretend tragen durfte.
Lob vom Ausnahmefahrer
Pogacar hatte Lipowitz zuletzt in höchsten Tönen gelobt: «Ich denke, wir werden noch viel von ihm in den nächsten Tagen und Jahren sehen», sagte der Ausnahmefahrer nach dem starken Auftritt des Deutschen in den Pyrenäen. An der Seite seines Kölner Edelhelfers Nils Politt ließ sich Pogacar bei der traditionellen Tour d'honneur vor dem Start der 132,3 Kilometer in Richtung Pariser Triumphbogen feiern.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.