Mehr als die Hälfte der Bürgergeld-Empfänger zwischen 25 und 50 Jahren suchte in den vergangenen vier Wochen nicht aktiv nach Arbeit. Das zeigt eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Zugleich erhielten 43 Prozent der Befragten noch nie ein Jobangebot vom Jobcenter. Die Ergebnisse befeuern die laufende Debatte um die Reform des Bürgergeldes, die derzeit im Bundestag beraten wird.
Die repräsentative Umfrage des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung erfasste rund 1.000 Bürgergeld-Empfänger, die mindestens ein Jahr lang Leistungen beziehen. 57 Prozent gaben an, in den vier Wochen vor der Befragung im Frühjahr 2025 keine Stelle gesucht zu haben. Bei Frauen lag der Anteil mit 63 Prozent noch höher als bei Männern mit 53 Prozent.
Der Hauptgrund ist Krankheit: 45 Prozent aller Befragten leiden an psychischen oder chronischen Erkrankungen. Unter denjenigen, die nicht nach Arbeit suchten, waren es sogar drei Viertel. Knapp die Hälfte gab an, es gebe zu wenig passende Stellen. 22 Prozent müssen Angehörige oder Kinder betreuen. Ein Viertel erklärte, ein Job würde ihre finanzielle Situation kaum verbessern.
Zudem berichteten 38 Prozent, keine Weiterbildungsangebote erhalten zu haben. Elf Prozent gehen Gelegenheitsarbeiten nach, um ihren Lebensunterhalt aufzubessern. Von den aktiv Suchenden investierten 26 Prozent bis zu neun Stunden pro Woche in die Jobsuche, nur sechs Prozent 20 Stunden oder mehr.
Jobcenter in der Kritik
Die Studienergebnisse werfen Fragen zur Effektivität der Jobcenter auf. Arbeitsmarktexperte Roman Wink von der Bertelsmann-Stiftung forderte eine Neuausrichtung: «Die Jobcenter müssen den Schwerpunkt neu setzen. Weniger Bürokratie, mehr Vermittlung. Jobcenter müssen Menschen in passende Arbeit bringen.» Dabei dürfe man «auch die Perspektive der Arbeitgeber nicht vergessen, denn nicht jeder Leistungsbezieher kann den Anforderungen des Jobs ab dem ersten Tag gerecht werden».
Für chronisch Kranke ohne realistische Vermittlungschancen schlägt Studien-Mitautor Tobias Ortmann einen Systemwechsel vor. Es «sollte ein Wechsel aus der Grundsicherung in ein besser passendes Unterstützungssystem wie die Sozialhilfe oder die Erwerbsminderungsrente geprüft werden». Ifo-Ökonom Andreas Peichl unterstützte dies im Handelsblatt-Interview: «Dann hätten die Jobcenter viel mehr Ressourcen für die, die auch wirklich arbeiten können.»
Die Bertelsmann-Stiftung forderte zudem konsequente Sanktionen. Ortmann stellte klar: «Wer arbeiten kann und Angebote ohne triftigen Grund ablehnt, sollte konsequent sanktioniert werden.» Zugleich müsse es für Arbeitsunfähige bessere Unterstützung geben, etwa verlässliche Kinderbetreuung und gezielte Weiterbildung.
Politische Reaktionen
Marc Biadacz, sozialpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, sah sich durch die Studie bestätigt. Sie zeige den Bedarf für «verstärkte Vermittlung und zielgerichtete Unterstützung». Die Koalition habe den Vermittlungsvorrang wieder eingeführt. «Wer arbeiten kann, soll arbeiten», betonte Biadacz. Für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Langzeitarbeitslosigkeit brauche es weitere Reformen. Er verwies auf die Sozialstaatskommission, von der er sich «Empfehlungen erhoffen» würde.
Annika Klose, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, verlangte mehr Geld: «Damit die Jobcenter ihre Kernaufgabe, die Integration in den Arbeitsmarkt, wieder besser erfüllen können, müssen sie finanziell gestärkt werden.» Im Haushalt 2026 stehe eine Milliarde Euro zusätzlich für Arbeitsmarktintegration bereit. Klose forderte «einfachere Übergänge zwischen unterschiedlichen Hilfesystemen» und dass «die Hinzuverdienstgrenzen besser aufeinander abgestimmt werden, um stärkere Arbeitsanreize zu schaffen».
Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte hingegen vor Fehlinterpretationen. Die Studie erfasse nur Langzeitempfänger, nicht aber die aktivere Gruppe im ersten Bezugsjahr. Die Mehrheit habe legitime Gründe wie Krankheit oder Betreuungspflichten. Die Debatte müsse sich auf die Qualität und Ausstattung der Jobcenter konzentrieren.
Die geplante Bürgergeld-Reform soll im Sommer 2026 in Kraft treten. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hat den Gesetzentwurf für die neue Grundsicherung vorgelegt, der aktuell im Bundestag debattiert wird. Er sieht verschärfte Mitwirkungspflichten und strengere Sanktionen vor. Neue Hinzuverdienstregeln sind noch nicht Teil der Reform und sollen erst 2026 entwickelt werden. In Deutschland beziehen derzeit rund 1,8 Millionen Menschen Bürgergeld, die als erwerbsfähig gelten.
Hinweis: Dieser Artikel wurde mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt.
