Die Bundesregierung erwägt die komplette Streichung des Pflegegrads 1, um die Finanzierungslücke in der gesetzlichen Pflegeversicherung zu schließen. Von der Maßnahme wären rund 863.000 Menschen betroffen, die derzeit in der niedrigsten Pflegestufe eingestuft sind. Die Pflegeversicherung steht vor einem Defizit von etwa zwei Milliarden Euro im Jahr 2026.
Menschen mit Pflegegrad 1 erhalten derzeit einen monatlichen Entlastungsbetrag von 131 Euro - beispielsweise für eine Putzfrau oder pflegende Angehörige. Zusätzlich haben sie Anspruch auf Zuschüsse zum Umbau der Wohnung und für einen Notrufknopf. Der Pflegegrad 1 deckt Menschen mit leichten Beeinträchtigungen wie Arthritis oder beginnender Demenz ab.
Eine Berechnung des RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung beziffert die Einsparung durch Streichung des Pflegegrads auf etwa 1,8 Milliarden Euro pro Jahr. Nach Angaben von führenden Koalitions-Politikern aus den Parteien und Fraktionen ist die Kürzung eine mögliche Maßnahme zur Konsolidierung der Finanzlage.
Politischer Druck wächst
Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Sepp Müller (CDU) sagte: «Die Lohnnebenkosten müssen sinken, anstatt zu steigen. Das muss unser oberstes Ziel sein, um Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern. Deshalb müssen wir alle Instrumente ernsthaft prüfen.» Auch in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD war der Pflegegrad 1 nach Teilnehmerangaben bereits Thema.
Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums verwies auf die eingesetzte Kommission zur Pflegereform: «Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform befasst sich umfassend mit den Einnahmen und Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung. Das umfasst auch die Pflegegrade und deren Ausrichtung. Ergebnisse können nicht vorweggenommen werden.»
Entscheidung bis Oktober
Bis Mitte Oktober soll ein erster Bericht der Kommission vorliegen. Die Regierung steht unter Druck, schnelle Sparmaßnahmen zu finden, bevor zusätzliche Haushaltsmittel bereitgestellt werden. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht sich einer doppelten Krise gegenüber - neben der Pflegeversicherung klafft auch in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Lücke von vier Milliarden Euro.
Der Pflegegrad 1 ist die Eingangsstufe des fünfstufigen Pflegesystems und wurde 2017 eingeführt. Ende 2024 waren rund 863.000 Menschen in dieser Kategorie eingestuft - etwa ein Fünftel aller Pflegebedürftigen in Deutschland.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.