Nationaltorhüterin Ann-Katrin Berger lässt sich durch öffentliche Kritik nicht aus der Ruhe bringen. Die 34-Jährige vom US-Club Gotham FC lächelte bei der DFB-Pressekonferenz in Zürich gelassen in die Kameras. Wer bereits eine lange Fußballkarriere und zwei Krebserkrankungen hinter sich hat, macht sich durch Medienberichte nicht verrückt.
«Seit ich Deutschland verlassen habe, lese ich eigentlich gar keine Nachrichten mehr. Auf den sozialen Medien bin ich sowieso nicht so oft vertreten. Was auch immer geschrieben wird, das müssen Sie mir sagen», sagte die Keeperin zu den Medienvertretern.
Persönliche Motivation für das Finale
Im Viertelfinale gegen Favorit Frankreich am Samstag (21.00 Uhr/ZDF und DAZN) in Basel wird viel auf die Stammtorhüterin ankommen. Berger hofft aus ganz persönlichen Gründen, die erste K.-o.-Runde mit dem DFB-Team zu überstehen. Ihr 92-jähriger Großvater soll das EM-Finale erleben.
«Mein Opa - er ist vor paar Tagen 92 geworden - hat sich wirklich noch ein Trikot angezogen. Meine Motivation ist, dass er zum Finale kommt. Er hat gesagt, Viertelfinale, Halbfinale lohnt sich nicht», erzählte die Schwäbin. Der «sehr, sehr strenge und liebenswerte Mann» war zwar beim ersten Gruppenspiel gegen Polen (2:0) in St. Gallen dabei.
Großvater kommt nur zum Finale
Allen Überredungsversuchen seiner prominenten Enkelin, auch gegen Frankreich zu kommen, widersetzte er sich jedoch. «Er meint's wirklich ernst. Er kommt tatsächlich nur zum Finale. Er ist eine harte Nuss», sagte Berger. Von ihrem Opa bekommt sie nach Spielen immer ein Daumen-hoch- oder Daumen-runter-Zeichen.
Bundestrainer Christian Wück hatte zuletzt eher letztere Geste gewählt. Bei Olympia 2024 war die Schwäbin noch die große Heldin, unter anderem durch den gehaltenen Elfmeter gegen Spanien in der Nachspielzeit des Bronze-Spiels. Bei der EM dann das Gegenteil: Berger legte beim 2:1 gegen Dänemark drei riskante Dribblings hin.
Kritik von Bundestrainer Wück
Das blieb ohne Folgen auf dem Platz, aber abseits davon verbarg Wück seinen Unmut nicht. Er werde sich mit ihr «an den Tisch setzen, dass wir da andere Lösungen finden müssen - weil sonst werde ich nicht alt». Berger verteidigte sich: «Ich liebe es, Fußball zu spielen, und ich glaube, das ist einfach meine Art und Weise.»
Wück wollte das Thema nicht weitertreiben: «Es gab bei uns nie eine Torwartdebatte.» Dann musste er mitansehen, wie Berger beim 1:4 gegen Schweden mit zwei Fehlpässen beinahe weiteres Unheil heraufbeschwor. «Ich hatte da auch nicht mein bestes Spiel. Nach der Analyse habe ich das abgeschlossen, da denke ich nicht mehr viel drüber nach», sagte die 25-fache Nationalspielerin.
Kampf gegen Schilddrüsenkrebs
Berger musste lange warten, bis sie im deutschen Team ganz oben ankam. Dabei hatte sie sich früh ins Ausland gewagt: Paris Saint-Germain, Birmingham City, Chelsea, dann USA. «Es ist ein sehr, sehr schönes Gefühl, als Nummer eins bei einem Turnier aufzutreten», sagte sie in Zürich.
2017 und 2022 hatte sie mit Schilddrüsenkrebs zu kämpfen, fand aber beide Male schnell wieder zurück in den Leistungssport. Lange hatte die DFB-Auswahl Torhüterinnen, die über Jahre hinweg zwischen den Pfosten standen: Silke Rottenberg, Nadine Angerer, Almuth Schult, Merle Frohms. Letztere degradierte Bundestrainer Horst Hrubesch vor den Olympischen Spielen 2024 zur Nummer zwei und beförderte Berger.
Suche nach Nachfolgerin läuft
Wück sucht natürlich schon eine Nachfolgerin für die Olympia-Heldin, auch wenn Berger nicht über ein Karriereende nachdenken möchte: «Ich bin ein Mensch, der im Hier und Jetzt lebt.» Die EM-Ersatzfrauen Stina Johannes und Ena Mahmutovic haben sich bei ihren Einsätzen ohnehin nicht aufgedrängt.
Sophia Winkler zog sich im DFB-Training einen Kreuzbandriss zu, Maria Luisa Grohs verlor nach einer Krebserkrankung ihren Stammplatz beim FC Bayern an Mahmutovic. Und Frohms hat sich aus dem Nationalteam verabschiedet und ist von Wolfsburg zu Real Madrid abgewandert.
Lächeln für den Opa
So zeigt Berger weiter ein breites Lächeln, wenn bei der Nationalhymne vor Länderspielen die Kameras auf sie gerichtet sind - für ihren Opa. Der habe vielleicht «nicht so viel Ahnung vom Fußball», aber Ausstrahlung sei ihm wichtig. «Deshalb habe ich mir irgendwann angewöhnt, bei der Hymne zu lachen. Manche denken wahrscheinlich, dass das eine bisschen Verrückte ist», erklärte die Torfrau. «Aber für meinen Opa würde ich alles machen.»
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.