Nach gut zwei Jahren Gaza-Krieg steht die Freilassung der letzten israelischen Geiseln unmittelbar bevor. Die Hamas hat angekündigt, alle 20 noch lebenden Geiseln sowie die sterblichen Überreste von 27 weiteren Verschleppten bis Montagmorgen zu übergeben. Die Frist für die Freilassung endet am Montag um 6.00 Uhr Ortszeit.
Die Palästinenserorganisation und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz sollen ab Sonntag damit beginnen, die Geiseln an vereinbarten Punkten zusammenzubringen. Außerdem werden die sterblichen Überreste eines bereits 2014 getöteten israelischen Soldaten übergeben.
Gefangenenaustausch gegen 2.000 Palästinenser
Im Gegenzug muss Israel knapp 2.000 inhaftierte Palästinenser freilassen. Darunter befinden sich bis zu 250 Gefangene, die wegen Terrorangriffen zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Die genauen Namen und die exakte Zahl dieser verurteilten Palästinenser wurden zunächst nicht bekanntgegeben.
Bei einer Großkundgebung mit rund 400.000 Teilnehmern in Tel Aviv bezeichnete US-Sondergesandter Steve Witkoff die Rolle von Donald Trump als entscheidend. «Wir alle sind Präsident Trump zu tiefstem Dank verpflichtet», sagte er sichtlich bewegt. Viele Teilnehmer jubelten und riefen «Danke Trump».
Buhrufe gegen Netanjahu bei Kundgebung
Als Witkoff jedoch den Namen von Regierungschef Benjamin Netanjahu erwähnte, ging seine Rede in ohrenbetäubendem Pfeifkonzert und Buhrufen unter. Viele Angehörige werfen Netanjahu vor, nicht genug für die Freilassung getan zu haben, weil ihm politische Motive wichtiger gewesen seien.
Während Israels Angehörige zwischen Hoffnung und Trauer schweben, ist die Lage für Palästinenser im Gazastreifen verzweifelt. Mehr als 200.000 Menschen sind bereits aus dem Süden in die weitgehend zerstörte Stadt Gaza im Norden zurückgekehrt. Sie müssen in einer zu weiten Teilen zerstörten, vermutlich von Blindgängern übersäten Trümmerlandschaft überleben.
Arzt berichtet von völliger Zerstörung
Der bekannte palästinensische Arzt Essideen Schebab beschrieb seine Rückkehr dramatisch: «Seit dem frühen Morgen befinden sich meine Familie und ich in einem Zustand des völligen psychischen Zusammenbruchs.» Er schrieb auf der Plattform X: «Heute haben wir erfahren, dass unsere Häuser, unser Land und unsere gesamte Nachbarschaft, jedes Haus unserer Familie und unserer Nachbarn, vollständig ausgelöscht wurden.»
Alles sei wie von Bulldozern dem Erdboden gleichgemacht worden. Schebab warf der Hamas vor, den Krieg vom Zaun gebrochen und sich dann vor israelischen Angriffen in Tunnel verkrochen zu haben, während die Zivilbevölkerung der «vollen Grausamkeit der israelischen Armee» ausgesetzt gewesen sei.
Riesige Hürden vor dauerhaftem Frieden
Trotz der Fortschritte liegen vor dem von Trump beschworenen «ewigen Frieden» noch riesige Hürden. Die Hamas spricht Israel weiterhin das Existenzrecht ab, während Netanjahu und seine rechtsextremen Regierungspartner die Hamas restlos zerschlagen wollen. Die Terrororganisation lehnt ihre vorgesehene Entwaffnung und eine ausländische Aufsicht über den Gazastreifen ab.
Es gibt zudem keine Garantie dafür, wie und wann sich Israels Armee ganz aus dem Gazastreifen zurückzieht. Netanjahu droht, den Krieg wieder aufzunehmen, falls die Hamas nicht entwaffnet wird. Auch die Verwaltung des Gazastreifens durch die Palästinensische Autonomiebehörde lehnt er kategorisch ab.
Trump plant Rede vor Knesset
Trump wird während seiner bevorstehenden Nahost-Reise eine Rede vor dem israelischen Parlament halten. Parlamentspräsident Amir Ohana hatte ihn offiziell eingeladen und geschrieben: «Israel erwartet den Friedenspräsidenten.» Außerdem will Trump nach Ägypten reisen, um an einer «offiziellen Unterzeichnung» des Abkommens teilzunehmen.
Im Küstenort Scharm el Scheich ist ein internationales Gipfeltreffen geplant, das Trump und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi gemeinsam leiten sollen. Die Hamas nimmt nicht an der Zeremonie teil - «nur die Vermittler sowie amerikanische und israelische Regierungsvertreter werden anwesend sein», hieß es aus Islamisten-Kreisen.
Merz erhält Einladung nach Ägypten
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) könnte anlässlich der Einigung ebenfalls nach Ägypten kommen. Er habe die Einladung von Staatschef al-Sisi dankend entgegengenommen. Offiziell bestätigt wurde eine Reise bisher aber nicht. UN-Generalsekretär António Guterres und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben ihr Kommen fest angekündigt.
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen rief Israel auf, rasch weitere Hilfslieferungen zu ermöglichen. Die Organisation habe genügend Lebensmittel, um die gut zwei Millionen Menschen im Gazastreifen drei Monate zu versorgen - wenn Israel vollen Zugang gewährt. Pro Tag sollen künftig rund 600 Lastwagen mit Hilfsgütern einfahren - doppelt so viele wie zuvor.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.