Eine beispiellose Welle von Massenentführungen hat Nigeria erschüttert. Bewaffnete verschleppten am Freitag 303 Kinder und zwölf Lehrer aus einer katholischen Schule im nordwestlichen Bundesstaat Niger. Zuvor waren bereits 25 Mädchen aus einer staatlichen Schule im Bundesstaat Kebbi und 38 Gläubige aus einer Kirche im Bundesstaat Kwara entführt worden. Mehrere Menschen wurden bei den Angriffen erschossen.
Unter den Entführten befinden sich viele kleine Kinder. Medien zitierten Eltern, die von Sechsjährigen berichteten. Auch unter den aus der Kirche Verschleppten sollen Kinder unter zehn Jahren sein. Die Sorge um die Jüngsten ist besonders groß: Geiseln werden unter harten Bedingungen festgehalten und kommen oft schon während laufender Verhandlungen ums Leben.
Papst fordert sofortige Freilassung
Papst Leo XIV. äußerte am Sonntag vor dem traditionellen Angelus-Gebet auf dem Petersplatz in Rom seine Trauer. «Ich empfinde großen Schmerz, insbesondere für die vielen entführten Jungen und Mädchen und ihre verzweifelten Familien», sagte er. «Ich richte einen betrübten Appell an alle Beteiligten, die Geiseln unverzüglich freizulassen, und fordere die zuständigen Behörden auf, angemessene und zeitnahe Entscheidungen zu treffen, um ihre Freilassung zu gewährleisten.»
Kriminelle Banden erpressen Lösegelder
Für die jüngsten Entführungen hat bislang keine Gruppe öffentlich Verantwortung übernommen. In der Region sind vor allem bewaffnete kriminelle Gruppen aktiv, örtlich «Banditen» genannt. Anders als islamistische Gruppen verfolgen sie keine politischen Ziele, sondern wollen Geld erpressen. Angehörige der aus der Kirche Entführten erhielten Lösegeldforderungen von 100 Millionen Naira, umgerechnet etwa 60.000 Euro.
Lösegeldzahlungen sind seit 2022 in Nigeria verboten. Praktisch verkaufen Familien jedoch alles, was sie haben, um Angehörige freizukaufen. Da die Landeswährung Naira stark abgestürzt ist, verlangen die Entführer immer höhere Summen. Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und Aussichtslosigkeit treiben zugleich mehr junge Männer dazu, sich den Banden anzuschließen.
Tausende Schüler seit 2014 entführt
Die Entführungen sind ein furchtbarer Alltag in Nigeria geworden. Im April 2014 erhielt die Verschleppung von 276 Schülerinnen durch die islamistische Miliz Boko Haram in Chibok im nordöstlichen Bundesstaat Borno weltweite Aufmerksamkeit. 82 der Mädchen werden bis heute vermisst.
Die nigerianische Zeitung «Vanguard» errechnete auf Basis von UN-Zahlen und eigenen Recherchen, dass in den elf Jahren nach Chibok mindestens rund 2.500 weitere Schüler entführt wurden. Nach Angaben der Sicherheitsberatungsfirma SBM Intel wurden allein zwischen Juni 2024 und Juni 2025 mindestens 4.722 Menschen in 997 Vorfällen entführt. Mindestens 762 Menschen seien getötet worden. Kidnapper hätten in der Zeit Lösegelder von umgerechnet mindestens 1,6 Millionen Euro eingestrichen.
Sicherheitskräfte weitgehend machtlos
Das Militär ist schlecht bezahlt und schlecht ausgerüstet, obwohl Nigeria als eine der größten Volkswirtschaften des Kontinents eine der größten Armeen besitzt. Krisen und Korruption haben die Staatsgewalt tief ausgehöhlt. Die Einsätze der Sicherheitskräfte zur Suche nach den Entführten blieben nach offiziellen Angaben bislang ergebnislos. Im benachbarten Bundesstaat Zamfara rettete die Polizei am Samstag allerdings 25 Frauen und Kinder, wenige Stunden nachdem sie aus einem Dorf verschleppt worden waren.
Behörden mehrerer Bundesstaaten im Norden des Landes haben die Schließung aller Schulen oder Räumung von Internaten angeordnet. Die nigerianische Regierung ließ außerdem alle staatlichen Schulen in besonders gefährdeten Regionen schließen. Präsident Bola Tinubu verzichtete auf eine Teilnahme am G20-Gipfel, um sich der Sicherheitslage zu widmen.
Religiöse Spannungen und internationale Drohungen
US-Präsident Donald Trump hatte kürzlich mit einem Militäreinsatz gedroht, falls Nigeria sich nicht für den Schutz der Christen einsetze. Die US-Nichtregierungsorganisation International Christian Concern, die die Verfolgung von Christen weltweit dokumentiert, bezeichnete Nigeria 2022 als das «gefährlichste Land der Welt für Christen». Christliche Gemeinden werfen dem Staat mangelnden Schutz vor.
Konflikte und Gewalt verlaufen in dem Land, dessen über 220 Millionen Einwohner etwa zur Hälfte je Christen und Muslime sind, tatsächlich immer mehr entlang religiöser Trennlinien. Diese werden von Experten aber meist nicht als Ursache angesehen. Zugleich werden Muslime ebenfalls Opfer von Terror- oder Banditenangriffen ebenso wie von Racheakten.
Hinweis: Dieser Artikel wurde mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt.









