Messergewalt unter Teenagern verdoppelt sich in Großbritannien

upday.com 5 godzin temu

Die sechsjährige Bebe, die siebenjährige Elsie und die neun Jahre alte Alice: So heißen die Mädchen, die am 29. Juli 2024 im englischen Southport bei einem Taylor-Swift-Tanzkurs mit einem Küchenmesser erstochen wurden. Der Täter war mit damals 17 Jahren selbst noch fast ein Kind.

Die Tat schockierte über Großbritanniens Grenzen hinaus und beflügelte nicht nur gewaltsame, rechtsextreme Ausschreitungen, sondern auch eine Debatte über die seit Jahren hohe Zahl der Straftaten mit Messern. Oft werden diese von teils sehr jungen Männern begangen.

Messergewalt unter Teenagern verdoppelt sich

Der Vorfall in Southport mag in seiner Brutalität besonders sein, ist jedoch nur die Spitze einer traurigen Entwicklung, mit der Großbritannien schon lange zu kämpfen hat. Immer wieder sind Teenager in Messergewalt involviert, sowohl in der Opfer- als auch in der Täterrolle.

Die Zahl der 13- bis 19-Jährigen, die durch ein Messer oder einen anderen scharfen Gegenstand getötet wurden, hat sich in den letzten zehn bis zwölf Jahren mehr als verdoppelt. Das geht aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht des britischen Youth Endowment Funds hervor.

Messer als erster statt letzter Ausweg

Die Täter sind selbst oft Teenager. Ein 13-jähriger Junge, der mit einem Messer auf einen Mitschüler losgeht - in britischen Medien sind solche Schlagzeilen keine Seltenheit.

Zur Frage nach dem Warum gibt es keine einfache Antwort. Das Problem zeige sich in vielen Facetten, erklärt der Londoner Kriminologe und Experte für Jugendgewalt, Simon Harding, im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. Während der Griff zum Messer vor wenigen Jahren noch als letzter Ausweg galt, sei dies heute für viele verängstigte Teenager der erste Schritt.

Banden rekrutieren 14-Jährige als Täter

Zum einen gebe es da kriminelle Banden, die schon 14-jährige Jungs zu Tätern und Opfern werden lassen. Zum anderen spielten auch Armut und ein in sozialen Medien häufig verzerrt dargestelltes Bild der Realität eine Rolle.

Viele junge Menschen seien besorgt oder verängstigt. «Es gibt viele Gegenden, in denen sich junge Menschen einfach nicht mehr sicher fühlen, weil die Polizei nicht zugegen ist oder weil sie im Internet etwas gelesen haben», so der Experte.

Einzelgänger radikalisieren sich online

Dann gibt es da noch die Einzelgänger, die sich - wie im Falle des Southport-Attentäters - in ihrem Kinderzimmer und schließlich im Internet verkriechen. So laufen sie Gefahr, sich zu radikalisieren.

Nach der Southport-Attacke sprach der britische Premier Keir Starmer von einer neuen Bedrohung. Es seien «Einzelgänger, Außenseiter, junge Männer», die sich online radikalisierten und verzweifelt nach Ruhm strebten. «Sie sind auf diese extreme Gewalt fixiert, anscheinend um ihrer selbst willen», sagte der Premier.

Teenager verlieren moralischen Kompass

Teenager verlieren sich online schnell in einem Strudel der Gewalt - solange, bis sie selbst welche anwenden, sagt Harding. «Es gibt keinen moralischen Kompass, der dir sagt: Jetzt ist genug, zieh dich zurück», erklärt der Kriminologe.

Der Kontakt in die Außenwelt geschieht im Ernstfall erst mit einer Gewalttat. Im Kampf dagegen schien die britische Regierung in der Vergangenheit oft machtlos.

Präventionsprojekt versagte dreimal

Das zeigte sich im Fall Southport besonders drastisch: In seiner Jugend war der heute 18-jährige Täter den Behörden mehrfach auch wegen seiner Neigung zu Gewalt aufgefallen. Dreimal wurde er im Alter von 13 und 14 Jahren an das Präventionsprojekt gegen Extremismus («Prevent») verwiesen. Konsequenzen hatte das nicht.

Starmer versprach eine Reihe an Maßnahmen. Innenministerin Yvette Cooper kündigte vor wenigen Tagen erneut an, «gewaltfixierte Personen» wie den Southport-Attentäter ähnlich wie Terroristen belangen zu wollen.

Regierung will Onlinekauf erschweren

Im Januar kündigte die Regierung etwa auch Regelungen an, um gerade den Onlinekauf von Messern für Jugendliche zu erschweren. Doch aus Sicht des Experten Harding ist es vor allem entscheidend, an der Wurzel des Problems anzuknüpfen.

Die zunehmende Isolierung junger Menschen sei dabei ein Grundproblem. «Wir müssen sicherstellen, dass wir diese Menschen erreichen, sie einbeziehen und einbinden. Das ist das Wichtigste in Bezug auf Messergewalt», ist sich Harding sicher.

Experte fordert Dialog mit Jugendlichen

Man müsse hören, was Jugendliche denken, «was sie wütend macht und verärgert und warum sie möglicherweise Angst haben». Dafür müsse etwa auch der Kontakt zu den verschiedenen Communitys ausgebaut und die Polizeiarbeit verbessert werden.

«Wir brauchen einen nationalen Dialog mit jungen Menschen. Niemand spricht mit ihnen und das ist einfach verrückt», so Harding. Im Fall Southport ist die Prävention klar gescheitert - mit schlimmen Folgen, die bis heute sichtbar sind.

Im Zuge einer öffentlichen Untersuchung sagte die Mutter eines verletzten Mädchens kürzlich: «Unsere Mädchen verdienen eine Entschuldigung - untermauert von dem Versprechen, dass sich etwas ändern wird und so etwas nie wieder geschehen darf.»

(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.

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