Ralf König wird 65 und kämpft mit Kreativitätskrise

upday.com 4 godzin temu
Ralf König ist schon seit 40 Jahren einer der erfolgreichsten deutschen Comiczeichner. Oliver Berg/dpa

Für viele Comic-Freaks gibt es nichts Komischeres als die Geschichten von Ralf König, aber er selbst ist ein ernster, nachdenklicher Mann. «Ich bin ein melancholischer Typ», bestätigt er der Deutschen Presse-Agentur in seiner Wohnung in Köln. «Wenn man denkt, ich bin der Witzbold, dann ist das sicherlich falsch.»

In den letzten Monaten ist ihm die Weltlage zusätzlich aufs Gemüt geschlagen. «Ich hab' gemerkt, dass mir das bei meiner Kreativität im Weg steht. Dass ich nicht mehr heiter bin. Das kann ich mir überhaupt nicht erlauben.» Deshalb hat er seinen Nachrichtenkonsum zurückgefahren.

Geburtstag mit Heimatgefühlen

Am Freitag feiert König seinen 65. Geburtstag. In seiner Küche hängt ein großes Bild mit einer Kuh auf einer Weide - das Cover des Albums «Atom Heart Mother» von Pink Floyd. Das Bild weckt in ihm Heimatgefühle.

König wurde in Soest geboren und wuchs in Westönnen auf. «Das ist westlich von Ostönnen.» Sein Coming-out hatte er mit 19. «Heute relativ spät, aber damals ziemlich normal. Dann bin ich nach Dortmund gezogen und hatte dort meine ersten Kontakte.»

Vom Schweinkram zur Kunstakademie

Als Teenager wollte er bereits Schweinkram zeichnen. Eine der ersten Inspirationsquellen war ein Wilhelm-Busch-Buch im Haus seiner Eltern. Mit elf Jahren fielen ihm die Comics von Robert Crump in die Hände. «Das hat mich total angefixt, dass es Comics für Erwachsene gibt. Das war der Urknall bei mir.»

Ungefähr gleichzeitig entdeckte er auch die Pornos im Schrank seines Vaters. «Da kamen dann zwei Sachen zusammen: Ich wollte Schweinkram zeichnen. Meine Mutter hat das alles gesammelt - zu meiner großen Überraschung.» Weil er nur Hauptschulabschluss hatte, machte König zunächst eine Schreinerlehre. «Wie ich das durchgestanden habe, weiß ich bis heute nicht. Aber das war eben Ostwestfalen, was will man da mit Kunst machen?»

Glück an der Kunstakademie

Irgendwann sagte ihm jemand, dass man in Düsseldorf an der Kunstakademie ohne Abitur studieren könne. «Das hatte Joseph Beuys damals durchgedrückt. Ein toller Gedanke: Warum muss man Mathe können, wenn man Kunst machen will?» Er schickte einfach eine Mappe ein, und danach hieß es gleich, er könne kommen. «Ich hab' schon viel Glück gehabt im Leben. Manchmal.»

Eine Zeit lang waren seine Comics ein Insider-Ding, dann wurden sie von einer größeren linken Studentenszene entdeckt und lagen vielerorts auf den WG-Klos aus. «Damals gab es ja nur diskriminierende Schwulen-Witze. Diese Detlef-Witze, heititei.» König lieferte etwas anderes, ohne dass er dabei eine Agenda gehabt hätte.

Hilfe beim Coming-out

«Ich wollte coole Geschichten erzählen, die lustig sind. Dass damit eine Szene, die damals nicht so viel zu lachen hatte, plötzlich Witze hatte, war mir nicht so bewusst.» Erst später kamen die Leute zu ihm und erzählten, sie hätten sich in den Geschichten wiedererkannt, und das habe ihnen ihr Coming-out erleichtert.

Der große Durchbruch kam mit dem Buch «Der bewegte Mann», das von Bernd Eichinger mit Til Schweiger erfolgreich verfilmt wurde. «Ich hatte damit allerdings wenig zu tun und rede über die Filme deshalb ungern. Das haben andere gemacht.» Es störe ihn, dass immer, wenn sein Name in der Zeitung stehe, in Klammern «Der bewegte Mann» dahinterstehe.

Probleme mit neuen Begriffen

In der Schwulenszene hat sich vieles verändert, angefangen beim Namen. «Da gibt's jetzt das Wort "queer" und "LGBTQ". Ich habe lange gebraucht, um das zu lernen, weil ich war schon damals im Chemieunterricht schlecht darin, mir diese Buchstabenketten zu merken.» Er selbst sagt weiter «schwul» und «lesbisch», weil er es gewohnt ist.

«Ich würde nie sagen, ich bin ein queerer Zeichner, weil mir dieses Wort ein bisschen fremd bleibt.» An dieser Stelle fallen ihm auch die älteren Herren aus der Dortmunder Schwulenszene um 1980 ein, die damals mit dem Wort «schwul» Probleme hatten und stattdessen von «homophil» oder «homosexuell» sprachen. «Das ist jetzt vielleicht etwas Ähnliches. Plötzlich ist das Wort "queer" da und klingt für mich wie "quer". Aber ich akzeptiere, dass es sich durchgesetzt hat - was soll ich alter Mann da sagen?»

Siegfried bereitet Kopfzerbrechen

Zu seinem 65. Geburtstag erscheint der Jubiläumsband «Pflaumensturz und Sahneschnitten», ein Rückblick mit Interviews, Fotos und Skizzen. Derweil arbeitet der Künstler schon seit zwei Jahren an einer Umsetzung der Nibelungen-Sage. Aber es stockt. «Ich fing schwungvoll an, und nach 80 Seiten kamen dann die Zweifel: Sieht der Siegfried wirklich aus, wie er soll? Müsste er den Scheitel nicht rechts haben? Ich habe da einen inneren Kritiker, der ist manchmal gnadenlos.»

In zwei Jahren bekommt er Rente. «Finde ich komisch, ist aber auch ein beruhigendes Gefühl. Obwohl ich eine große und treue Lesergemeinschaft habe: Die Verlage stöhnen - das Internet übernimmt die Regie, alle gucken nur noch ins Smartphone, Bücher werden nicht mehr so richtig verkauft.» Aufhören will er trotzdem nicht. «Solange ich einen Stift halten kann und mir etwas einfällt, gehört das zu mir.» Alles andere «wäre komisch».

(dpa/Berlin) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.

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