TikTok-Fake-Medizin schockt Ärzte - 83% der Jugendlichen betroffen

upday.com 2 godzin temu
Jasper Iske will mit seinen Videos falsche Versprechen von Influencern entlarven. Soeren Stache/dpa

Eigenurin gegen Halsschmerzen, Power-Pflaster für mehr Energie, Vitamine gegen Unfruchtbarkeit - selbst ernannte Gesundheits-Influencer versprechen in sozialen Medien oft unrealistische Heilungserfolge. Der Berliner Arzt Jasper Iske kämpft mit satirischen Videos gegen diese Desinformation an.

In seinen Instagram- und TikTok-Videos nimmt der Mediziner vom Deutschen Herzzentrum Berlin solche Influencer aufs Korn. «Boah, was erzählen die Leute eigentlich für einen Mist?», fragt sich der 30-Jährige regelmäßig und zerlegt deren Behauptungen mit medizinischem Sachverstand.

Comedy mit ernster Mission

Was wie Unterhaltung wirkt, verfolgt ein wichtiges Ziel: Iske will zeigen, dass Marketing und Reichweite oft wichtiger sind als wissenschaftlich belegte Wirksamkeit. Anti-Aging-Produkte sind ihm besonders suspekt: «Das ist alles sinnlos, es hat keinen Effekt - alles Müll», sagt der Forscher, der selbst den Alterungsprozess von Organen erforscht.

Besonders ärgert ihn, wenn sich Influencer als medizinisches Personal bezeichnen, ohne eine abgeschlossene Ausbildung zu haben. «Das ist man ja auch schon mit 18, wenn man die Immatrikulationsbescheinigung für ein Medizinstudium in der Hand hat», kritisiert er sogenannte «angehende Ärzte».

Mit nüchternen Fakten komme man gegen die Desinformationswelle nicht an, meint Iske. Ein zugespitztes, Social-Media-taugliches Format sorge eher für Aufmerksamkeit - weshalb er auch mal fragt: «Wollt Ihr mich verarschen?»

Verbraucherschützer schlagen Alarm

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen beobachtet einen bedenklichen Trend. «Einige Kanäle werden von echten Ärztinnen und Ärzten betrieben, die mit viel Herzblut gegen die Flut unseriöser Angebote ankämpfen», sagt Gesa Schölgens vom Faktencheck Gesundheitswerbung.

Diesen seriösen Influencern stünden jedoch zahlreiche Mediziner gegenüber, die unzulässig für Produkte wie Trackinguhren, Hormontests oder Vitamininfusionen werben. Viele Healthfluencer machten zudem Gesundheitsversprechen für rechtlich unzulässige und teils gefährliche «Behandlungen».

Die Palette reicht von Baby-Darmkuren über selbstgemachte Sonnencreme bis hin zu angeblichen Krebstherapien mit Aprikosenkernen. Besonders kritisch sieht Schölgens Influencer mit großer Reichweite: «Wenn jemand mit 300.000 Followern behauptet, es gäbe keine Depressionen - man solle lieber ein Coaching bei ihm buchen und Tabak aus dem Regenwald rauchen -, dann ist das hochgefährlich.»

Esoterik-Bubble verbreitet Verschwörungstheorien

Die Expertin beobachtet außerdem eine große Esoterik-Bubble, die nicht nur irreführende Gesundheitswerbung verbreite, sondern auch Verschwörungstheorien und Desinformationen. «Außerdem beobachten wir eine große Esoterik-Bubble», sagt sie. Themen seien «Vergiftung durchs Impfen», «Vergiftung durch fluoridhaltige Zahnpasta» oder «Kontrolle der Bevölkerung durch das System» wie Pharmaindustrie, Politik und Medien.

Die Bundesärztekammer sieht die digitale Gesundheitskommunikation als zweischneidiges Schwert. Sie könne ein wertvoller Beitrag zur Gesundheitsbildung sein - vorausgesetzt, sie erfolge verantwortungsvoll und transparent, sagt Samir Rabbata, Leiter des Dezernats Politik und Kommunikation.

Junge Menschen besonders empfänglich

Das Ansprechen jüngerer Zielgruppen biete die Chance, Gesundheitskompetenz frühzeitig zu stärken. Gleichzeitig warnt Rabbata vor Risiken: Vereinfachte oder falsche Darstellungen könnten zu gesundheitsschädlichen Entscheidungen wie falscher Selbstbehandlung oder verzögerten Arztbesuchen führen.

Eine österreichische Studie zeigt das Ausmaß der Problematik: 83 Prozent der 15- bis 25-Jährigen konsumieren zumindest gelegentlich gesundheitsbezogene Inhalte von Influencern. 37 Prozent folgen aktiv Healthfluencern und 31 Prozent haben bereits ein beworbenes Gesundheitsprodukt gekauft.

Befragt wurden rund 1.000 Jugendliche und junge Erwachsene. Zur tatsächlichen Wirkung solcher Inhalte gibt es laut Kommunikationsforscherin Claudia Lampert vom Hamburger Leibniz-Institut für Medienforschung jedoch kaum belastbare Studien.

Forderung nach strengeren Regeln

Das Erkennen seriöser Inhalte sei herausfordernd, besonders wenn die Versprechen verlockend klingen, warnt Lampert. «Das Erkennen seriöser Inhalte ist herausfordernd - besonders wenn die Versprechen verlockend klingen, etwa Abnehmen ohne Verzicht oder Aufwand», sagt sie. «Solche Aussagen sollten immer skeptisch machen.»

Ein Problem sei, dass es bisher keine verlässlichen Qualitätsstandards für Gesundheitsinformationen in sozialen Medien gebe. Die Verbraucherzentrale NRW fordert umfassende Maßnahmen zum besseren Schutz der Nutzer.

Dazu gehören klare gesetzliche Rahmenbedingungen für Influencer-Werbung, eindeutige Verantwortlichkeit für gesundheitsbezogene Inhalte sowie schnelle Bestrafung bei gesundheitsgefährdenden Aussagen - inklusive Account-Sperrungen durch die Plattformbetreiber. Die Bundesärztekammer hat bereits den Leitfaden «Ärztinnen und Ärzte in sozialen Medien» veröffentlicht, um medizinisches Fachpersonal zu unterstützen.

(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.

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