Die schwarz-rote Koalition steht heute vor einem entscheidenden Test: Am Nachmittag soll der Bundestag drei neue Verfassungsrichter wählen. Nach dem krachenden Scheitern im Juli hoffen CDU, CSU und SPD, dass der zweite Anlauf gelingt.
Ein erneutes Scheitern würde die Koalition schwer erschüttern. Die Wahl gilt neben dem Streit um Strompreissenkungen als Symbol für den holprigen Start des Bündnisses.
Gescheiterte Wahl belastet Koalition
Im Juli war die Richterwahl in letzter Minute geplatzt. Fraktionschef Jens Spahn (CDU) hatte die Abstimmung abgesagt, weil der Widerstand gegen SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf zu groß geworden war.
Die Kritik entzündete sich unter anderem an ihrer Haltung zu Abtreibungen. Die Potsdamer Staatsrechtlerin verzichtete später auf ihre Kandidatur, nachdem das Vertrauen in der Koalition erschüttert war.
Drei neue Kandidaten
Mit Bundesverwaltungsrichterin Sigrid Emmenegger hat die SPD eine Ersatzkandidatin gefunden, gegen die es praktisch keine Einwände gibt. Kritischer wird die zweite SPD-Kandidatin Ann-Katrin Kaufhold wegen ihrer Positionen zum Klimaschutz gesehen.
Der dritte Kandidat ist Arbeitsrichter Günter Spinner, den die Union vorschlägt. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich einstimmig für ihn ausgesprochen, nachdem der ursprüngliche Kandidat Robert Seegmüller keine Mehrheit fand.
Geheime Wahl mit hohen Hürden
Die Abstimmung läuft geheim ab, die Urnen sind zwei Stunden geöffnet. Für eine erfolgreiche Wahl braucht jeder Kandidat zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und mindestens die Hälfte aller Abgeordneten.
Die Koalition verfügt zusammen mit den Grünen über 413 Sitze - sieben weniger als die nötige Zweidrittelmehrheit von 420 Stimmen. Möglicherweise sind deshalb Stimmen von Linken oder AfD nötig.
Unsichere Mehrheiten
Am wackeligsten steht Unions-Kandidat Spinner da. Die Linke ist verärgert, weil die CDU nicht mit ihr über den Kandidaten sprechen wollte. Fraktionschefin Heidi Reichinnek gab die Abstimmung frei: «Es werden verschiedenen Abgeordnete verschieden abstimmen.»
Der frühere Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch signalisierte Unterstützung: «Sie können glaube ich sicher sein, dass an der Linken die Wahl der Verfassungsrichterinnen und des Verfassungsrichters nicht scheitern wird.» Die AfD hat mit Spinner kein Problem.
Notfallmechanismus greift
Bei einem Scheitern könnte erstmals ein neuer Mechanismus greifen. Wenn der Bundestag nicht weiterkommt, fragt zunächst das Bundesverfassungsgericht nach Vorschlägen.
Bleibt eine Richterstelle drei Monate unbesetzt, kann der Bundesrat die Wahl mit einfacher Mehrheit übernehmen. Bei Spinner hat das Verfahren bereits die zweite Stufe erreicht - er ist ein Vorschlag des Verfassungsgerichts.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.