Organisierte Diebesbanden fahren gezielt durch deutsche Innenstädte und stehlen hochwertige Waren wie Parfüm, Schuhe und Elektronik. Diese verkaufen sie anschließend auf dem Graumarkt, erklärt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), gegenüber «t-online.de».
Das Forschungsinstitut EHI stellte in einer Studie fest: «Ladendiebstähle werden immer häufiger organisiert begangen. Entweder als beauftragte Einzeltäter oder in Gruppen mit gezielter Aufgabenverteilung.» Nach Schätzungen der befragten Händler machen solche Taten rund ein Drittel der Ladendiebstähle aus im Wert von fast einer Milliarde Euro.
Britische Verhältnisse drohen Deutschland
In Großbritannien eskaliert die Situation bereits seit Jahren. Ganze Banden gehen organisiert und teils brutal vor, oft ohne Scheu und mit unvermummten Gesichtern. Von einer «Epidemie des Ladendiebstahls» sprechen Experten auf der Insel.
Zwischen April 2024 und März 2025 registrierte das britische Statistikamt 530.643 Ladendiebstähle in England und Wales. Das entspricht einem Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die tatsächliche Anzahl liegt schätzungsweise um ein Vielfaches höher.
Schäden steigen auf drei Milliarden Euro
Auch in Deutschland steigen die Zahlen dramatisch. «Der Schaden durch Ladendiebstahl lag 2024 bei drei Milliarden Euro - 20 Prozent mehr als 2022», sagte HDE-Chef Genth. Außer organisierten Banden machten auch aggressive Einzeltäter Sorgen, die Mitarbeiter angriffen, wenn sie erwischt werden.
Laut EHI nimmt wegen der zuletzt schlechten wirtschaftlichen Lage die Zahl der Menschen zu, «die sich bestimmte Produkte nicht mehr leisten können oder wollen». EHI-Experte und Studienautor Frank Horst sagte Ende Juni: «Immer häufiger klauen auch Senioren und Familien.»
Alkohol und Parfüm besonders begehrt
Beliebte Diebesgüter sind laut EHI-Untersuchung vor allem alkoholische Getränke, Markenkleidung, Sneakers, Elektrogeräte sowie Tabakwaren. In Drogerien stehen Produkte wie Parfüms, Kosmetik, Babynahrung oder Rasierklingen im Fokus der Ladendiebe.
Ein Grund für den Anstieg ist der Personalmangel. Vor allem in kleineren Läden ist häufig nur eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter im Einsatz, muss aber mehrere Aufgaben erfüllen und kann oft nicht schnell reagieren.
Selbstbedienungskassen erleichtern Diebstahl
Manche Experten sind überzeugt, dass Selbstbedienungskassen, die immer mehr in Geschäften zu finden sind, häufigeren Diebstahl erleichtern. Es sei davon auszugehen, dass der Ladendiebstahl um 15 bis 30 Prozent höher liege als an bedienten Kassen, sagte EHI-Experte Horst zu Jahresbeginn. HDE-Chef Genth weist das zurück: «Diesen Zusammenhang können wir nicht bestätigen.»
Bei der Strafverfolgung sieht Genth erhebliche Defizite. «Händler erstatten Anzeige, und die Staatsanwaltschaften stellen anschließend aus Effizienzgründen ein. In der Konsequenz melden viele Händler frustriert viele Ladendiebstähle nicht mehr bei der Polizei», sagt er.
Dunkelziffer erreicht 98 Prozent
Die Folge: «Deshalb ist die Dunkelziffer extrem hoch: 98 Prozent der Diebstähle werden nicht angezeigt.» Genth fordert gesetzliche Änderungen, Investitionen in Sicherheit und eine bessere Ausstattung der Justiz.
Für die Händler kostet der Schutz gegen Diebstahl viel Geld. Rund 1,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr, etwa für Videoüberwachungen, Schulungen und zusätzliches Sicherheitspersonal, heißt es vom HDE. «Und es führt dazu, dass immer mehr Waren weggeschlossen werden», sagt Verbandschef Genth.
Waren bald komplett hinter Glas
«Ich fürchte Zustände wie in den USA, wo fast alles hinter Glas liegt. Das ist ein Ausdruck von Misstrauen gegenüber allen Kunden - obwohl über 90 Prozent ehrlich sind.» Der Staat müsse deshalb die Strafverfolgungsbehörden besser ausstatten. Die Mehrzahl der Händler rechnet damit, dass vor allem der organisierte Ladendiebstahl in Zukunft noch zunehmen wird.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.