Eine schonungslose Netflix-Dokumentation beleuchtet ab Dienstag das Leben von Deutsch-Rapper Haftbefehl. «Babo - Die Haftbefehl-Story» zeigt den kometenhaften Aufstieg und dramatischen Absturz des 39-jährigen Aykut Anhan, wie der Musiker mit bürgerlichem Namen heißt.
Die erste Produktion von Schauspieler Elyas M'Barek («Fack ju Göhte») ist keine bedingungslose Huldigung des umstrittenen Rappers. Stattdessen dokumentiert der Film schonungslos Anhans Weg vom Offenbacher Hochhausviertel Mainpark über seinen musikalischen Erfolg bis hin zu lebensbedrohlichen Drogenproblemen.
Der Rapper, der 2013 mit «Chabos wissen, wer der Babo ist» das Jugendwort des Jahres prägte, sitzt zu Beginn gezeichnet in einem schlichten Sessel. Auf die Frage nach seinem Befinden antwortet er: «Mir geht's gut, Brudi. Ich war in Therapie» und ergänzt: «Ich war schon tot.»
Erfolg und Kontroversen
Die Dokumentation spannt einen Bogen durch Anhans bewegtes Leben als einer der einflussreichsten Figuren der deutschen Rap-Szene. Musik-Größen wie der inzwischen verstorbene Rapper Xatar, Moses Pelham und Jan Delay attestieren ihm «wahnsinnige Energie» und bezeichnen ihn als «König» des Deutschrap.
Gleichzeitig zeigt der Film die kontroverse Seite des Künstlers, der mit Texten wie «Fick deine Integration, ich lade die Kugel direkt durch dein' Schädel» aus dem Song «069» schockierte. Die Netflix-Produktion nimmt Zuschauer mit nach Frankfurt, Istanbul und zeigt ekstatische Massen auf dem Schweizer Frauenfeld-Festival.
Einen dramatischen Wendepunkt markierte Anhans Auftritt 2022 in Mannheim, als er sich kaum auf den Beinen halten konnte. Nach einem Drogenexzess erwachte er auf einer Intensivstation - ohne dass ein Umdenken folgte.
Produktion stand vor dem Abbruch
Die Regisseure Juan Moreno und Sinan Sevinç begleiteten Haftbefehl rund zwei Jahre mit der Kamera bis November 2024. «Es ist kein Geheimnis, die Doku stand mehrere Male vor dem Abbruch», erklärt Moreno, der einst den Geschichten-Fälscher Claas Relotius entlarvte.
Der in Hanau bei Offenbach aufgewachsene Moreno führte gemeinsam mit Sevinç («Split Second») Regie. Besonders nach dem schockierenden Mannheim-Auftritt war unklar, wie es mit dem Filmprojekt weitergehen sollte.
Der Film geht tief ins Private und thematisiert den Suizid von Anhans Vater sowie schwierige Familienverhältnisse. Seine Ehefrau berichtet vom belastenden Zusammenleben und sagt: «Den Aykut liebe ich, den Haftbefehl nicht.»
Entstehung aus gescheiterter Serie
Die Entstehung der Dokumentation geht auf eine überraschende Vorgeschichte zurück. Anhan hatte vor rund vier Jahren Drehbücher für eine fiktionale Serie an M'Barek geschickt.
«Er wollte sein Leben fiktional in einer Serie erzählen und ich sollte seinen Vater spielen», erinnert sich M'Barek. Wegen der tragischen Familiengeschichte lehnte der Schauspieler ab und empfahl stattdessen eine Dokumentation.
«Er hat sofort beschlossen, dass ich die Doku produzieren soll», berichtet M'Barek, der das Projekt gemeinsam mit Pacco-Luca Nitsche realisierte. «Wir wollten ihm ein Denkmal setzen, unsere Liebe zu ihm als Künstler zum Ausdruck bringen, aber trotzdem das Publikum nicht belügen, wirklich alles auf den Tisch packen.»
Warnung vor Drogenkonsum
Regisseur Sevinç sieht in dem Film einen «sehr modernen Antidrogen-Film». Im Deutsch-Rap habe sich eine Entwicklung breitgemacht, dass Kokain-Konsum als cool gelte.
Die Dokumentation könne Jugendliche zum Nachdenken bringen, da sie die Realität hinter dem Glamour zeige. «Haftbefehl ist gefährlich, vor allem für Aykut selbst. Wenn er in diese Haftbefehl-Welt abtaucht, hat das für ihn keine Grenzen», erklärt Sevinç.
In einer Hotelzimmer-Szene wirft Anhan das Filmteam hinaus, während die Kamera weiterläuft. Er spricht von Dämonen in seinem Kopf - ein Moment, der für Sevinç deutlich machte, dass externe Hilfe nötig war.
Radikale Ehrlichkeit
Anhan zeigt sich radikal ehrlich über seine Suchtprobleme. «Er sagt: Seit 25 Jahren nehme ich Drogen und deswegen ist mein Gehirn Matsch», berichtet Regisseur Moreno.
Der Film offenbart überraschende Details über den harten Rapper: Er spielte Fußball für eine Jugendmannschaft von Kickers Offenbach, doch sein Vater war nie bei seinen Spielen dabei. Zudem überrascht Anhan mit seiner Vorliebe für Musik von Reinhard Mey.
M'Barek betont die Bedeutung offener Gespräche über Sucht und Depression in der Entertainmentindustrie. «Der Film zeigt, dass hinter Glanz und Glamour oft große Tragik liegt», erklärt der Produzent.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt.





